Beschneidung im Koran -  Zeit, die Tradition zu hinterfragen?

 

Ist die Beschneidung wirklich ein göttliches Gebot,  oder handelt es sich um eine kulturelle Praxis, die wir nie hinterfragt haben? Seit Jahrhunderten wird sie als religiöse Pflicht verstanden. Doch was, wenn das Buch, das wir als vollkommen, vollständig und ausführlich betrachten, sie nicht ein einziges Mal erwähnt?

 

Lass uns den Koran selbst sprechen lassen,  ohne vorgefertigte Antworten, nur mit der Kraft seiner Worte.

 

1. Vollkommene Schöpfung - Warum daran etwas verändern?

 

Wahrlich, Wir haben den Menschen in bester Form erschaffen. 95:4

 

das Werk Gottes, der alles sorgfältig gemacht hat.  27:88

 

Der alles gut macht, was Er erschafft. Und Er machte die Schöpfung des Menschen am Anfang aus Lehm, 32:7

 

euch gestaltet und dabei eure Gestalten schön geformt hat. 40:64

 

Keinen Fehler kannst du in der Schöpfung des Allerbarmers sehen.  67:3

 

 

Der Mensch;  von Gott selbst erschaffen, geformt, perfektioniert. Kein Teil, kein Detail wurde vergessen. Wenn der Schöpfer selbst sagt, dass Er uns in der „besten Gestalt“ erschaffen hat, warum greifen wir dann zur Klinge? Was genau soll dadurch besser werden?

2. Satans Versprechen -  Die Schöpfung verändern

 

und ich werde sie ganz gewiß in die Irre führen und ganz gewiß in ihnen Wünsche erwecken und ihnen ganz gewiß befehlen, und da werden sie ganz gewiß die Ohren des Viehs schneiden; wahrlich, ich werde ihnen befehlen, und da werden sie ganz gewiß Allahs Schöpfung ändern." Wer sich den Satan außer Allah zum Schutzherrn nimmt, der hat fürwahr einen offenkundigen Verlust erlitten. 4:119

 

Satan kündigt es offen an: Er will uns dazu bringen, Gottes Schöpfung zu verändern. Nicht versteckt, nicht verschlüsselt, ganz direkt. Wenn ein solcher Eingriff nicht einmal von Gott kommt, sondern aus einem ganz anderen Versprechen hervorgeht… wessen Willen erfüllen wir dann?

 

 

3. Keine Veränderung in Allahs Schöpfung

 

So richte dein Gesicht aufrichtig zur Religion/System hin als Anhänger des rechten Glaubens, - (gemäß) der natürlichen Anlage Allahs, in der Er die Menschen er schaffen hat. Keine Abänderung gibt es für die Schöpfung Allahs. Das ist die richtige Religion/System. Aber die meisten Menschen wissen nicht. 30:30

 

Ein klarer Vers. Gottes Schöpfung soll nicht verändert werden. Wie passt dann ein Eingriff, der irreversibel und nicht rückgängig zu machen ist, in dieses Bild?

Der Koran ist vollständig -  Hat Gott etwas vergessen?

 

Soll ich denn einen anderen Schiedsrichter als Allah begehren, wo Er es doch ist, der das Buch, ausführlich dargelegt, zu euch herabgesandt hat? Diejenigen, denen Wir die Schrift gaben, wissen, daß es von deinem Herrn mit der Wahrheit herabgesandt wurde. So gehöre ja nicht zu den Zweiflern. 6:114

 

Vollkommen ist das Wort deines Herrn in Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit. Es gibt niemanden, der Seine Worte abändern könnte. Und Er ist der Allhörende und Allwissende.6:115

 

Wir haben ihnen ja ein Buch gebracht, das Wir mit Wissen ausführlich dargelegt haben, als Rechtleitung und Barmherzigkeit für Leute, die glauben.7:52

 

Heute habe Ich für euch euer System/Religion vollendet und Meine Gnade an euch vollständig gemacht, und Ich habe das Ergebensein (Islam) als System für euch erwählt. 5:3

 

 

Ein Buch, das alles erklärt. Eine Religion, die als „vollständig“ bezeichnet wird. Ein Wort, das nicht verändert werden kann. Warum also fehlt in all dem ein Ritual, das für viele als so zentral gilt? Hätte Gott wirklich ein solch wichtiges Gebot einfach ausgelassen?

 

 

5. Khitan und Tahur 

 

Es lohnt sich, die Sprache genauer zu betrachten. Das arabische Wort für Beschneidung ist [khitan / ختان]. Trotz der großen Bedeutung, die ihm in vielen Kulturen beigemessen wird, erscheint dieses Wort kein einziges Mal im Koran. Nicht ein einziges Mal.

 

Dann gibt es [ṭahūr / طهور]. In vielen Kulturen, wie etwa in Ägypten, im Sudan, im Irak, in Somalia und Teilen Nordafrikas, wird dieses Wort umgangssprachlich mit der Beschneidung in Verbindung gebracht.

 

Aber im Koran bezieht sich, [taharah /طهرة] immer auf spirituelle oder rituelle Reinheit, nicht auf eine Veränderung des menschlichen Körpers.

 

Wie konnte ein Wort, das von Gott zur Beschreibung innerer und ritueller Reinheit verwendet wurde, in eine Bedeutung körperlichen Schneidens umgedeutet werden? Sollte ein sprachlicher Wandel durch Menschenhand den göttlichen Sprachgebrauch überlagern?

6. Gesetze erlassen - Wer hat das Recht dazu?

 

Ihr dient außer Ihm nur Namen, die ihr genannt habt, ihr und eure Väter, für die Allah (jedoch) keine Ermächtigung herabgesandt hat. Das Urteil ist allein Allahs. Er hat befohlen, daß ihr nur Ihm dienen sollt. Das ist die richtige Religion. Aber die meisten Menschen wissen nicht. 12:40

 

Oder haben sie (etwa) Teilhaber, die ihnen als Religion/System festgelegt haben, was Allah nicht erlaubt hat? Wenn es nicht das (bereits ergangene) Wort der Entscheidung gäbe, wäre zwischen ihnen wahrlich (schon jetzt) entschieden worden. Und gewiß, für die Ungerechten wird es schmerzhafte Strafe geben. 42:21

 

 

Nur Allah hat das Recht, Gesetze zu machen. Das sagt der Koran deutlich. Und doch folgen wir Regeln, die aus ganz anderen Quellen stammen. Wenn Beschneidung kein göttliches Gebot ist, wessen Gesetz ist es dann...?

 

7. Welche Bündnisse erwähnt der Quran - Und welches nicht?

 

Habe Ich euch, o Kinder Adams, nicht als Verpflichtung auferlegt, daß ihr nicht dem Satan dienen sollt - gewiß er ist euch ein deutlicher Feind. 36:60

 

And We have taken a covenant with you: “You shall not spill the blood of each other, nor drive each other out from your homes.” And you agreed to this while bearing witness. 2:84

 

Und als Wir mit euch ein Abkommen trafen: Vergießt nicht (gegenseitig) euer Blut und vertreibt euch nicht selbst aus euren Wohnstätten! Hierauf habt ihr euch dazu bekannt und ihr seid dafür Zeugen.2:84

 

Und (gedenkt,) als Allah mit denjenigen, denen die Schrift gegeben worden war, ein Abkommen traf: "Ihr sollt sie den Menschen ganz gewiß klar machen und sie nicht verborgen halten!" Da warfen sie sie hinter ihren Rücken und verkauften sie für einen geringen Preis; wie schlimm ist das, was sie erkaufen! 3:187

 

Und Gott hat den Bund der Kinder Israels genommen, und Wir haben aus ihnen zwölf Vertreter erhoben. Und Gott sagte: „Ich bin mit euch, wenn ihr die Verbindung haltet, zur Reinigung beitragt, an Meine Gesandten glaubt, sie unterstützt und Gott ein Darlehen der Rechtschaffenheit gewährt; dann werde Ich eure Sünden tilgen und euch in Gärten eingehen lassen, unter denen Flüsse fließen. Wer aber danach von euch ablehnt, der ist vom Weg abgeirrt.“ (5:12)

 

Gott erwähnt Bündnisse, moralische, spirituelle, essentielle. Doch ein „Beschneidungs-Bündnis“? Davon findet sich keine Spur. Wenn es ein göttliches Versprechen war, warum schweigt das göttliche Buch dazu?

 

8. Keine Zwang im Glauben -  Und doch ohne Zustimmung?

 

 

Es gibt keinen Zwang im System/Religion. (Der Weg der) Besonnenheit ist nunmehr klar unterschieden von (dem der) Verirrung. Wer also falsche Götter verleugnet, jedoch an Allah glaubt, der hält sich an der festesten Handhabe, bei der es kein Zerreißen gibt. Und Allah ist Allhörend und Allwissend. 2:256

 

Der Glaube soll frei gewählt sein, doch wird die Entscheidung zur Beschneidung oft getroffen, bevor ein Mensch überhaupt sprechen kann. Wie passt das mit dem Recht auf freie Glaubensentscheidung zusammen?

 

9. Hadith - Und was sagt der Koran über solche Texte?

 

Während der Koran kein einziges Mal von Beschneidung spricht, gibt es Hadithe, die es tun:

 

Überliefert von Abu Huraira:

Ich hörte den Propheten (ﷺ) sagen: „Fünf Handlungen gehören zur natürlichen Veranlagung (Fitra): die Beschneidung, das Rasieren der Schamhaare, das Kürzen des Schnurrbarts, das Schneiden der Fingernägel und das Entfernen der Achselhaare.“

Sahih al-Bukhari 5891

 

Überliefert von Abu Huraira:

Fünf Dinge gehören zur Fitra bzw. stehen der Fitra nahe: die Beschneidung, das Rasieren der Schamhaare, das Schneiden der Nägel, das Auszupfen der Achselhaare und das Kürzen des Schnurrbarts.

Sahih Muslim 257a

 

Aber: Der Koran warnt eindringlich davor, anderen Aussagen neben dem Wort Gottes Autorität zu geben:

 

Dies sind Allahs Zeichen, die Wir dir der Wahrheit entsprechend verlesen. An welche Aussage [hadith] nach (derjenigen) Allah(s) und Seinen Zeichen wollen sie denn (sonst) glauben? 45:6

 

Folgt dem, was zu euch von eurem Herrn herabgesandt worden ist, und folgt außer Ihm keinen (anderen) Schutzherren! Wie wenig ihr bedenkt! 7:3

 

An welche Aussage [hadith] nach dieser wollen sie denn glauben? 77:50

 

 

Wenn der Koran vollständig, deutlich und eindeutig ist, wozu dann zusätzlich auf Überlieferungen bauen, die oft Jahrzehnte oder Jahrhunderte später entstanden und sich widersprechen? Auf welcher Grundlage basiert ein solch einschneidender Ritual wirklich?

Nachdenken statt Nachahmen

 

Der Koran fordert uns immer wieder dazu auf, nachzudenken. Fragen zu stellen. Uns nicht mit „das war schon immer so“ zufrieden zu geben.

Wenn also eine Praxis wie die Beschneidung in diesem perfekten Buch kein einziges Mal erwähnt wird; ist das dann wirklich göttlich? Oder bloß Tradition?